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25 Fragen an die Parkleitung

Besucher sollen stets ihr Staunen bewahren

Ein Interview mit Ralf Winkels: Die WAZ stellt dem Leiter des Landschaftsparks Nord anlässlich des 25-jährigen Bestehens ebenso viele Fragen. Ein Streifzug durch die Geschichte der Industriekultur

„Seit 1999 bekleidet Ralf Winkels im Landschaftspark Nord verantwortliche Positionen. Zum 25. Geburtstag der Industriekultur-Kathedrale beantwortete der Parkleiter im großen Interview mit WAZ-Redakteur Thomas Richter ebenso viele Fragen.

1. Ralf Winkels, wenn Sie Freunden den Landschaftspark zeigen, die vorher noch nie dort waren, wohin führen sie die zuerst?

Ganz profan: in mein Büro. Das ist nicht nur mein Arbeitsplatz, sondern auch mein inneres Zentrum. Von hier aus habe ich einen guten Blick über den Park und erreiche relativ schnell alle wichtigen Stellen. Es ist mein Lieblingsplatz.

2. Über eine Million Menschen lockt der Park pro Jahr an. Wie ist diese große Beliebtheit zu erklären?

Die Leute kamen erst zögerlich: rund 350.000 im ersten Jahr 1994. Es war ein Versuch, den Menschen Industriekultur näher zu bringen. Weil aber von Beginn an der Grundansatz lautete, das Hüttenwerk so authentisch wie möglich zu belassen, konnte der alte Charme erhalten werden. Genau das reizt die Leute.

3. Wohin sollten Besucher gehen, die keine Lust auf Menschenmassen haben und dem großen Getümmel im Park entgehen wollen?

Da gibt es vieles, das es zu entdecken gilt – etwa die Sintergärten am Klarwasserkanal. Von dort aus bietet sich ein toller Blick auf die Hochofen - ­ und Industriekulisse.

4. Nachts stehen dort gern Fotografen, um den beleuchteten Park aufzunehmen. Ist die Lichtinszenierung von Jonathan Park das größte Geheimnis des Park-Erfolgs?

Uneingeschränkt: Ja! Wie heißt es so schön: Motten suchen das Licht! Und der Oho-Effekt des Staunens ist bei jedem da, der den Park am Abend erstmals beleuchtet sieht. Und auch die meisten unserer Nachbarn, die Anwohner hier in Obermeiderich, erfreuen sich auch nach 25 Jahren noch an dem Anblick.

5. Wieso erstrahlt der Park dann nicht an jedem Abend?

Am Anfang hatte das ausschließlich finanzielle Gründe. Heute machen wir das ganz bewusst. Wir wollen keine Reizüberflutung, sondern dass es etwas Besonderes bleibt.

6. Zum Team, das die Führungen durch den Park anbietet, gehören auch einige ehemalige Hüttenwerk-Malocher. Wie wichtig sind die?

Enorm wichtig! Aus Altersgründen können es aber inzwischen nur noch zwei übernehmen. Und die sind jetzt auch um die 80 Jahre. Sie können authentisch berichten. Im Laufe der Jahre haben sie ihr Know-how an die jüngeren Gästeführer weitergegeben. So bleibt das besondere Erlebnis bei den Führungen erhalten.

7. Von den einst fünf Hochöfen des Hüttenwerks stehen noch drei. Vermissen Sie die beiden fehlenden?

Nein! Heute würden die eher stören. Der Freiraum zwischen Hochofen zwei und fünf ist ein Geschenk. Wir nennen den Bereich Hochofen-Karree und sind froh, ihn bespielen zu können – wie zuletzt bei der „Traumzeit“ oder bei den Ruhr Games.

8. Die englische Zeitung „The Guardian“ hat sie 2015 in die Liste der zehn weltweit schönsten Stadtparks aufgenommen. Wo hängen Medaille und Urkunde dafür?

(lacht) Die gibt es nicht. Das Einzige, was ich habe, ist der Internet-Link, der mich zu dem digitalen Zeitungsartikel führt. Ansonsten tragen wir diese Auszeichnung im Herzen.

9. Hat diese Würdigung wenigstens mehr internationales Publikum als zuvor nach Meiderich gelockt?

Das eher nicht. Aber sie hat für mächtig Eindruck gesorgt – auch bei uns. Denn wir hatten uns ja gar nicht aktiv darum beworben, sondern sind davon völlig überrascht worden.

10. Was schenkt der Landschaftspark seinen Fans zum 25.?

(grübelt) Wir schenken uns selbst! Und wir schenken das Versprechen, dass wir so weitermachen wie bisher. So dass die Fans auch Fans bleiben.

11. Und was möchten Sie zum 25. von den Fans bekommen?

Dass sie das Staunen behalten. Und ihre Lust aufs Entdecken. Und ich wünsche mir, dass alle Besucher Respekt gegenüber der Anlage zeigen.

12. Welches war Ihre persönliche Sternstunde in den 25 Jahren?

Die gibt es nicht. Es gibt aber die vielen leisen Momente, die ich genieße und genossen habe. Es ist schön, wenn ich abends nach der Arbeit mit dem Auto nach Hause fahre und das Gefühl habe: Et läuft! (schmunzelt)

13. Wann wird sich die üppige Natur den Landschaftspark komplett zurückerobert haben?

Das wird nicht passieren. Wir haben hier jetzt die genau richtige Balance zwischen Natur und Industriekulisse gefunden und nehmen viel Rücksicht auf Flora und Fauna.

14. Der Park ist längst auch beliebter Drehort für TV- und Filmteams. Welcher Streifen sollte hier nach ihren Wünschen gedreht werden?

Der nächste James-Bond-Film! Ich mag die 007-Serie. Und es wäre für uns eine große Ehre, dann künftig in der Reihe der exquisiten Bond-Drehorte stehen zu dürfen.

15. Die Zahl der Messen und Ausstellungen im Park steigt unaufhörlich. Ist die Kapazitätsgrenze bei den Veranstaltungen inzwischen erreicht?

Die ist ziemlich erreicht. Auch mit Blick auf die nächsten Jahre. Wir können den Park nicht 365 Tage im Jahr bespielen. Die alten Anlagen hier haben einen hohen Instandhaltungsbedarf. Dafür brauchen wir zeitliche Freiräume. Zudem kommt mein Team an seine Grenzen.

16. Wie groß ist das eigentlich?

Ich habe 20 festangestellte Mitarbeiter. Insgesamt gibt es im Park 447 Beschäftigte, darunter 123 Aushilfen.

17. Und wie viele waren es 1999, als sie den Posten des Geschäftsführers hier übernahmen?

Da hatten wir um die 15 Festangestellte. Die Zahl ging zwischendurch mal runter auf nur noch sieben. Zuletzt konnten wir aber wieder aufstocken – auf die besagten 20.

18. Wenn eine gute Fee zum Jubiläum 25 Millionen Euro auf den Park herunterrieseln lassen würde, was wären die ersten Investitionen?

Ich würde die Gasreinigung Ost instand setzen und öffentlich zugänglich machen, für eine außergewöhnliche Gastronomie. Und im Sozialgebäude auf dem Hauptparkplatz würde ich Proberäume für Nachwuchsbands einrichten.

19. Könnten Sie einem Parkbesucher eigentlich selbst erklären, wie ein Hochofen funktioniert?

Könnte ich! Das habe ich mir angelesen und bei Führungen einst selbst von den alten Hüttenwerk-Mitarbeitern gut erklärt bekommen.

20. Die Kamine werden derzeit saniert. Stört das im Jubiläumsjahr?

Im Gegenteil: Die Sanierung freut mich – weil wir so lange darauf warten mussten. Endlich sind die Kamine bald fertig. Das musste jetzt sein.

21. Im Gegensatz dazu ist die Sanierung der Kraftzentrale vollbracht. Wie wichtig war dieser Schritt?

Die technische Ausstattung war fast noch die aus dem Jahr 1996, also völlig veraltet. Das Gebäude hatten wir vorher schon saniert, jetzt war eben die Technik dran. Die Besucher der Extraschicht können sich vom neuen Lichtdesign selbst überzeugen.

22. Haben Sie Angst, dass der Rost einmal zu kräftig am Park nagt?

Ich bin mir sicher, dass der Rost das nicht schafft. Das haben wir alles im Blick. So wurden kürzlich in den Hochöfen eins und zwei zusätzliche Stützpfeiler angebracht – aber so, dass es Besuchern nicht auffällt.

23. Landschaftsarchitekt Peter Latz ist der geistige Vater des Landschaftsparks. Welchen Satz wollen Sie ihm zum 25. sagen?

Das war schon genial, deine Idee!

24. Wie sieht der Landschaftspark in 25 Jahren aus?

Er ist dann im Best-Ager-Alter, ist auch noch vital und hoffentlich auch weiterentwickelt. Ich glaube, dass er sein Gesicht dann noch gewahrt hat.

25. War dieses Interview zu lang?

Nein! Und ich bin heilfroh darüber, dass sie nicht gefragt haben, wie ich in 25 Jahren aussehen werde.“

28. Juni 2019 von Thomas Richter

(Erschienenen in der WAZ)

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